Wenn Kaffee die Basis für Lösungen ist

Das Hauptthema der letzten Kantonsratssession war die Spange Nord. Es handelt sich dabei um einen Bestandteil der Gesamtverkehrsplanung.Ziel dieses Vorhabens ist es, das Zentrum der Stadt Luzern durch eine Umfahrung zu entlasten und den Verkehr aus der Agglomeration auf den so genannten Bypass (die neue, hauptsächlich unterirdische Stadtumfahrung) zu lenken.

Daneben soll auch Platz für den öffentlichen Verkehr geschaffen werden. Rund die Hälfte der Fläche für diese Umfahrung Nord ist für den ÖV und Langsamverkehr (Fussgänger und Velo) reserviert. Das letzte Wort wird das Volk haben, die Abstimmung ist im Jahr 2022 vorgesehen. Einig war man sich, dass in diesem Grossprojekt noch etliche Fragen geklärt werden müssen. Allein in der vorberatenden Kommission, der Verkehrs- und Baukommission, wurden über 100 Fragen eingereicht.

 

Kommunikation als Erfolgsfaktor

Ein wesentlicher Erfolgsfaktor bei politischen Projekten ist eine sachgerechte Kommunikation. Kleine Worte können grosse Unterschiede ausmachen. Auch bei der Bezeichnung von Projekten ist Achtsamkeit notwendig. Zum Beispiel: Die Bezeichnung „Spange Nord“, wurde unglücklich gewählt. Ich möchte keinem Zahnarzt oder Zahnärztin zu nahe treten, aber eine „Spange“ löst schnell einmal negative Assoziation aus. Der Zweck des Projekts würde besser verstanden, hiesse es „Umfahrung Nord“ oder „Entlastung Nord“.

Wie zu erwarten, war die Rednerliste zu diesem Projekt lang, die Wogen gingen hoch und ebenfalls wenig überraschend war der Ton im Kantonsratssaal nicht immer gemässigt. Einig war man sich, dass weitere Verbesserungen erforderlich sind und die Kommunikation intensiviert werden muss. Konkret: Es wurde eine rasche Aufnahme von Gesprächen mit den betroffenen Anwohnerinnen und Anwohnern der Umfahrung Nord gefordert.

 

Internetpranger vs. Konstruktiver Dialog

Eher unerwartet war, dass eine Partei im Vorfeld der Debatte auf Social-Media einen Internetpranger ankündigte und diesen schliesslich auch umsetzte. Bei diesem Pranger wurde ganz bewusst auf einzelne Kantonsratsmitglieder gezielt. Vorgehen dieser Art sind für einen konstruktiven Dialog selbstredend nicht förderlich. Ebenso wenig die Zeitungsinserate einer Partei, welche das Verhalten von anderen Parteien öffentlich angegriffen hat.

Beim Zuhören der Kantonsratsdebatte fällt mir immer wieder auf, dass im Parlament (vom französischen „parler“; also reden) viel geredet, aber nur wenig diskutiert wird. Sie haben sich vielleicht auch schon gefragt: Für wen sprechen eigentlich die 120 Kantonsrätinnen und Kantonsräte? Die Antwort darauf ist oft ernüchternd: Für das Protokoll, für die Medien und für die Zuhörenden auf der Tribüne. Der Kantonsrat ist ein so genanntes Arbeitsparlament. Im Kantonsratssaal werden die wichtigsten Argumente nochmals zusammengefasst, öffentlich dargelegt und Entscheide gefällt. Die Botschaften werden etliche Male im Vorfeld vorbesprochen, in der Partei, in den kantonsrätlichen Kommissionen und schliesslich in den Fraktionssitzungen, bevor sie offiziell im Kantonsratssaal behandelt werden. Nach den Fraktionssitzungen, bei denen die Parteien ihre Haltung und ihr Vorgehen für die nächsten Debatten festlegen, sind die Entscheide schon so gut wie gefällt, die Meinungen oft gemacht.

In einem solchen System ist es nicht gerade einfach über die Parteigrenzen hinweg einen Dialog zu führen. Dabei wird oft vergessen, dass sich alle Kantonsrätinnen und Kantonsräte für unseren Kanton einsetzen, alle möchten, dass es der Bevölkerung unseres Kantons möglichst gut geht. Doch wie man diesem Ziel näher kommt, da unterscheiden sich die Meinungen. Da gibt beispielsweise einige, die der Ansicht sind, dass es mehr Umverteilung braucht, andere sind der Ansicht, dass die Menschen möglichst viel von den Früchten ihrer eigenen Arbeit ernten sollten.

 

Dialog fördert mehrheitsfähige Entscheide

Der Austausch mit verschiedenen Meinungen kann durchaus zu besseren Lösungen führen, blinde Flecken werden erkannt, Argumente geschärft und Hürden erkannt. Und dieser Dialog führt zu mehrheitsfähigen Entscheiden, die im Parlament Bestand haben und von der Bevölkerung getragen werden. Und nur im Austausch ist so etwas wie der bewährte, gut schweizerische Kompromiss möglich.

Die Basis von solchen Gesprächen ist Respekt. Nur wenn man respektvoll mit dem Gegenüber umgeht, ist ein sachlicher Dialog möglich, nur dann werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede erkannt und es können gemeinsam Lösungen entwickelt werden.

Der vorher beschriebene Internet-Pranger oder Zeitungsinserate, die nur zum Ziel haben bestimmte Personen zu diffamieren, helfen sicher nicht eine solche gewinnbringende Gesprächskultur aufzubauen. Besser wäre etwas ganz anderes, nämlich, so banal es auch tönen mag: Gemeinsames Kaffee trinken.

 

Kaffeeautomat als Basis für Lösungen

Hinter dem Kantonsratssaal gibt es eine „Mini-Wandelhalle“, ein kleiner Zwischengang rund um den Saal, und dort steht ein Kaffeeautomat. Beim Schlange stehen kann man entweder die Wand anstarren, oder aber ins Gespräch mit Personen aus anderen Parteien kommen. Diese kurzen Gespräche sind nicht nur interessant und ungezwungen, sondern können durchaus die Basis für spätere politische Ideen, ja sogar von tragfähigen Lösungen sein. Darum: Wer wirklich an Lösungen interessiert ist, der meide den Pranger und setze auf respektvolle Dialoge auf Augenhöhe, denn genau diese sind es, die uns alle weiter bringen.

 

Jim Wolanin, Kantonsrat FDP.Die Liberalen, Neuenkirch